Patientenverfügung
Mit einer Patientenverfügung können Sie bestimmen, wie Sie in einer Situation, in der Sie nicht mehr selbst entscheiden können, medizinisch behandelt werden wollen – zum Beispiel nach einem Unfall. Besonders hilfreich ist die Patientenverfügung dann, wenn Sie im Hinblick auf ein mögliches Lebensende befürchten, dass Ihre persönliche Vorstellung von einem würdevollen Sterben nicht umgesetzt wird und womöglich die Dauer des Leidens und Sterbens nicht Ihren Wünschen entspricht.
Patientenwille hat Priorität
Nach der geltenden Rechtslage sind Ärztinnen und Ärzte verpflichtet, alles ihnen Mögliche zu tun, um Menschenleben zu retten und solange wie möglich zu erhalten. Aufgrund der immer besser werdenden Technik ist es heutzutage möglich, auch bereits irreversibel Geschädigte, Bewusstlose und Sterbende noch geraume Zeit durch den Einsatz von Apparaten am Leben zu erhalten. Grundsätzlich sind Ärztinnen und Ärzte auch hierzu verpflichtet.
Dies gilt allerdings nicht, wenn Patientinnen oder Patienten einer solchen Behandlung widersprechen. Ein Problem entsteht deshalb immer dann, wenn – was oftmals der Fall ist – die Patientin oder der Patient infolge schwerer Krankheit, Unfallschäden etc. nicht mehr klar bei Bewusstsein ist und keine Entscheidung treffen kann. Für diesen Fall ist es wichtig, dass Sie im Vorhinein schriftliche Regelungen treffen – u. a. auch dann, wenn Sie nicht in allen Fällen eine möglichst lange Weiterbehandlung wünschen.
Das geeignete Mittel hierzu ist die sogenannte Patientenverfügung. In dieser können Sie regeln, wie Sie behandelt werden wollen und in welchen Fällen Sie keine weiteren lebensverlängernden Maßnahmen, sondern zum Beispiel eine Schmerztherapie wünschen, auch wenn hierdurch unter Umständen der Tod früher eintritt. In einer Patientenverfügung können Sie auch verbindlich bestimmen, ob und welche ärztlichen Zwangsmaßnahmen im Fall Ihrer Einwilligungsunfähigkeit durchzuführen oder zu unterlassen sind.
Verfügung mit dem Arzt besprechen
Sehr wichtig ist, dass Sie sich vor der schriftlichen Abfassung Ihrer Patientenverfügung intensiv mit der Situation des möglicherweise hilflosen Sterbens befassen und sich in diese hineindenken, auch wenn jedem von uns dies naturgemäß schwerfällt. Auf jeden Fall sollten Sie Ihre geplante Verfügung auch zuvor mit Ihrer Hausärztin bzw. Ihrem Hausarzt oder, wenn Sie schon schwer erkrankt sind, mit Ihrer behandelnden Ärztin oder Ihrem Arzt im Krankenhaus besprechen. Denn je präziser Sie in Ihrer schriftlichen Patientenverfügung die Behandlungssituationen und medizinischen Sachverhalte, die Sie regeln wollen, festlegen und beschreiben, desto besser kann Ihr Wille zu einem Zeitpunkt, wo Sie ihn nicht mehr persönlich äußern können, berücksichtigt werden.
Regelmäßig überprüfen
Haben Sie eine Patientenverfügung getroffen, sollten Sie diese von Zeit zu Zeit (zum Beispiel alle 1 bis 2 Jahre) überprüfen, um sicherzustellen, dass sie noch Ihren aktuellen Wünschen und Ihrer gesundheitlichen Situation entspricht. Diese Überprüfung sollten Sie auf der Verfügung notieren und durch Ihre Unterschrift bestätigen. Insbesondere sollten Sie eine solche Überprüfung vor Krankenhausaufenthalten oder bei einer schweren, fortschreitenden Krankheit vornehmen.
Bindend für betreuende und bevollmächtigte Personen
Auf jeden Fall sollten Sie auch mit anderen Personen (neben Ärztinnen und Ärzten auch mit Verwandten, Freunden etc.) über die Verfügung und Ihre Wünsche der Behandlung sprechen. Dies gilt insbesondere für die Person, die Sie in einer Betreuungsverfügung als rechtliche Betreuung vorgesehen haben. Mit ihr sollten Sie Ihre Patientenverfügung besprechen und sie darüber informieren, wo Sie diese aufbewahren. Denn sowohl Bevollmächtigte als auch Betreuerinnen und Betreuer sind verpflichtet, Ihrem in einer Patientenverfügung festgelegten Willen bei allen für Sie zu treffenden Entscheidungen Geltung zu verschaffen. Für Betreuerinnen und Betreuer ist jedoch Voraussetzung, dass das Aufgabengebiet der Gesundheitssorge vom Betreuungsgericht übertragen worden ist.
Ihre Patientenverfügung muss von den Ärztinnen und Ärzten befolgt werden, wenn die Lebens- und Behandlungssituation eintritt, für die sie ausgestellt wurde. Auch die von Ihnen bevollmächtigte Person oder Ihre Betreuerin bzw. Ihr Betreuer sind verpflichtet, im Sinne Ihrer Patientenverfügung zu handeln.
Die Patientenverfügung ist in §§ 1827, 1828 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gesetzlich verankert. Diese Regelungen sehen vor, dass die Festlegungen einer schriftlich abgefassten Patientenverfügung für ärztliche Maßnahmen in bestimmten Situationen verbindlich sind, wenn dadurch Ihr Wille für eine konkrete Lebens- und Behandlungssituation eindeutig und sicher festgestellt werden kann. Ärztinnen und Ärzte müssen eine derart verbindliche Patientenverfügung beachten. Auch eine von Ihnen bestellte vorsorgebevollmächtigte Person oder eine rechtliche Betreuerin bzw. ein Betreuer sind verpflichtet, die Patientenverfügung zu prüfen, Ihren Behandlungswillen festzustellen und diesem Ausdruck und Geltung zu verschaffen (§ 1828 Abs. 1 Satz 2 BGB).
Einwilligung nur bei ärztlicher Aufklärung wirksam
Handelt es sich bei den in Ihrer Patientenverfügung genannten ärztlichen Maßnahmen um einen Eingriff in die körperliche Integrität (beispielsweise eine Operation), ist die Einwilligung nur wirksam, wenn ihr eine ärztliche Aufklärung vorausgegangen ist, es sei denn, Sie haben auf eine solche Aufklärung verzichtet. Aus der Patientenverfügung muss sich deshalb ergeben, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind. Am besten ist es, wenn Sie die Verfügung nach Aufklärung durch eine Ärztin oder einen Arzt in der konkreten Krankheitssituation treffen bzw. eine frühere Verfügung zusammen mit einer Ärztin oder einem Arzt Ihres Vertrauens überarbeiten.
Am besten übergeben Sie die Patientenverfügung Ihrer Ärztin bzw. Ihrem Arzt oder einer anderen Vertrauensperson, die sie bei Bedarf vorlegen soll. Wichtig ist, dass alle Personen und Institutionen, die im Notfall über eine ärztliche Behandlung oder das Unterlassen bestimmter Maßnahmen zu entscheiden haben, schnell und unkompliziert über die Existenz und den Aufbewahrungsort Ihrer Verfügung informiert werden können. Dies betrifft nicht nur Ärztinnen und Ärzte, sondern auch Bevollmächtigte, Betreuende und das Betreuungsgericht.
Deshalb sollten Sie einen Hinweis auf die Verfügung und wo sie verwahrt wird, immer bei sich tragen, z. B. auf einem Zettel in der Brieftasche. Bei Aufnahme in ein Krankenhaus oder Pflegeheim sollten Sie auf Ihre Patientenverfügung hinweisen. Wenn Sie eine Vorsorgevollmacht oder eine Betreuungsverfügung erstellt haben, sollten auch die dort benannten Personen informiert sein.
Registrierung möglich
Die Patientenverfügung gehört zu den Vorsorgeurkunden. Sie kann ebenfalls zusätzlich im Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer registriert werden. Nach den Empfehlungen der Bundesnotarkammer sollten Sie dort eine Patientenverfügung nur zusammen mit einer Betreuungsverfügung oder einer Vorsorgevollmacht registrieren lassen.
Die Patientenverfügung muss schriftlich abgefasst und von Ihnen unterzeichnet sein. Es ist sinnvoll, in Ihrer Verfügung auch Ihre allgemeinen Wertvorstellungen und religiösen Auffassungen festzuhalten. Damit helfen Sie der von Ihnen ausgewählten bevollmächtigten Person oder der vom Gericht bestellten Betreuerin oder dem Betreuer, in unklaren Behandlungssituationen nach Ihrem Willen zu entscheiden.
Nach den neuen gesetzlichen Regelungen muss eine Patientenverfügung schriftlich abgefasst und eigenhändig durch Namensunterschrift oder durch ein von einer Notarin oder einem Notar beglaubigtes Handzeichen unterzeichnet sein (§ 1827 Absatz 1 Satz 1 i.V.m. § 126 Absatz 1 BGB). Mündliche Äußerungen sind deshalb aber nicht wirkungslos, denn sie müssen bei der Feststellung des mutmaßlichen Patientenwillens von den dann für Sie entscheidenden Personen beachtet werden. Aber es wird sehr viel schwieriger sein, diese in einen – häufig unter hohem zeitlichem Druck ablaufenden – komplexen Entscheidungsprozess einzubinden. Die Patientenverfügung kann jederzeit formlos widerrufen werden (§ 1827 Absatz 1 Satz 3 BGB).
Überzeugungen und Wertvorstellungen festhalten
Es ist sinnvoll, wenn Sie in Ihre Verfügung auch Ihre allgemeinen Wertvorstellungen und religiösen Auffassungen aufnehmen. Das Gleiche gilt für den Anlass, aus dem heraus Sie die Verfügung abfassen, zum Beispiel, wenn Sie das Sterben einer nahestehenden Person miterlebt haben. Wenn Sie diese Hintergründe sowie Ihre Einstellungen zum eigenen Leben und Sterben schriftlich niederlegen, können diese Unterlagen als Ergänzung und Auslegungshilfe Ihrer Patientenverfügung hilfreich werden. Denn im Zweifel muss die von Ihnen bevollmächtigte Person oder Ihre Betreuerin bzw. Ihr Betreuer zusammen mit den Sie behandelnden Ärztinnen und Ärzten oder Pflegepersonen entscheiden, ob einer Behandlung zugestimmt wird oder nicht. Dabei darf nicht der eigene Maßstab zugrunde gelegt werden, sondern Ihre Behandlungswünsche oder Ihr mutmaßlicher Wille sind festzustellen und auf dieser Grundlage ist zu entscheiden (§ 1901a Absatz 2 BGB). Dabei müssen Ihre früheren Äußerungen, Ihre Überzeugungen und Wertvorstellungen berücksichtigt werden.
Beratung bei der Formulierung
Auf jeden Fall sollten Sie sich vor der schriftlichen Niederlegung einer Patientenverfügung von einer ärztlichen oder anderen fachkundigen Person bzw. Organisation beraten lassen, um die für Ihre konkrete Situation geeigneten Formulierungshilfen zu finden. Denn auf diese Weise können Sie besser sicherstellen, dass Ihre Behandlungswünsche medizinisch konkret genug gefasst werden und sich nicht inhaltlich widersprechen. Nähere Informationen und Hinweise finden Sie in der Broschüre „Patientenverfügung“ des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz.